Renn-Prinz von Spiess: Energiebündel
auto motor sport
26/1971 Seite 123/127 K.W.
Die schnellsten Prinzen der Welt entstehen nicht in Neckarsulm, sondern in Stuttgart-Weilimdorf. Und innerhalb dieser Gruppe ist das Rennauto des Meisters, Siegfried Spiess, sicherlich nicht das langsamste: Mit einem Hubraum von knapp 1300 Kubikzentimetern, mit Doppelzündung, die für thermisches Wohlbefinden des kleinen luftgekühlten Vierzylinders Sorge trägt, mit zwei Weber-Doppelvergasern und geraden Ansaugwegen und mit einem Verdichtungsverhältnis von fast 11:1 ist der NSU-Renntourenwagen zumindest auf kurvenreichen Pisten dazu angetan, auch sehr viel hubraumstärkerer Konkurrenz das Fürchten zu lehren. Dabei sind die 121 Pferde, die bei 7400 U/min realisiert werden, erst das halbe Vergnügen: Dank acht Zoll breiten Felgen vorne und hinten, auf denen superbreite Niederquerschnitts-Rennreifen montiert werden, erweist sich das zierliche Rennauto zumal in engen Kurven als unerhört schnell und zeigt dank ausgeklügelter Fahrwerksabstimmung ein gut kontrollierbares Verhalten, dem die Heckmotor-Bauweise kaum mehr anzumerken ist.
Foto. auto motor und sport-Redakteure pilotierten den Ford Capri RS, den Irmscher-Commodore uns den Spieß-NSU TT.
Tatsächlich ist die Mühelosigkeit, mit der sich der Spiess-TT auf Pisten wie dem Motodrom bewegen läßt, nahezu unvergleichlich, und allein das Vorhandensein schrecklichen Lärms macht deutlich, daß ein ernstzunehmendes Rennauto bewegt wird. Denn selbst im Innenraum geht es vergleichsweise gesittet zu: Das Armaturenbrett wurde durch Anzeigeinstrumente für Öltemperatur und Öldruck bereichert und macht einen ebenso properen Eindruck wie das schalenförmig ausgebildete Frontmobiliar. Von Schwergängigkeit ist beim Fahren nichts zu spüren; die Lenkung verlangt trotz der voluminösen Formel 1-Bereifung nur minimale Kräfte, und ebenso spielerisch lassen sich Kupplung, Schaltung und Gaspedal betätigen. Allein beim Bremsen werden größere Anforderungen gestellt: Man kann das exakt 637 kg schwere Auto zwar auf kürzester Distanz optimal verzögern, doch sind dafür kräftige Tritte notwendig. Bremsprobleme kennt der leichtgewichtige Renn-Prinz verständlicherweise kaum – dafür hapert es schon eher mit den aerodynamischen Qualitäten: “Schnelle” Rundstrecken mit kilometerlangen Geraden sind dem rund 200 km/h erreichenden NSU deutlich weniger lieb als jene kurvenreichen Klein-Kurse, auf denen er vorzugsweise seiner Fahrwerks-Qualitäten wegen dominierende Rollen spielen kann – selbst dann, wenn die Konkurrenz deutlich mehr Hubraum an den Start bringt.
Renn-Tuner 1971
So zahlreich und einträchtig versammeln sich popuäre Renn-Tuner nur beim “Akademischen”:
1 Burkhard Bovensiepen (BMW-Alpina), 2 Hans Werner Aufrecht (AMG-Mercedes), 3 Dieter Basche (GS-BMW), 4 Klaus Steinmetz (Opel-Tuning), 5 Kurt Bergmann (Kaimann-Rennwagen), 6 Günter Irmscher (Opel-Tuning, 7 Markus Hotz (Horag-Rennwagen), 8 Rüdiger Faltz (Fiat-Tuning), 9 Heinz-Walter Reppekus (Fiat-Tuning), 10 Erich Zakowski (Zakspeed-Ford), 11 Hans Peter Koepchen (BMW-Tuning, 12 Jochen Neerpasch (Ford-Rennleiter), 13 Gerhard Schneider (GS-BMW), 14 Helmut Hähn (Alfa Romeo-Tuning),
15 Siegfried Spiess (NSU-Tuning).